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Geleitwort
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Die Buchdruckerkunst ist doch fürwahr eine Art von Messias unter den Erfindungen.

Diese Worte Georg Friedrich Lichtenbergs ((fn 1)) haben auch im Jahr 1999 - in dem sich dessen Todestag zum 200. Mal jährte - nichts von ihrer Richtigkeit verloren.

Buchdruck und Verlagswesen haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß Forschungsergebnisse, Gedanken und Erkenntnisse nicht nur einem kleinen eingeweihten Kreis, sondern einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden können. Das juristische Studium wäre heute ohne das jederzeit verfügbare gedruckte Wort in Lehrbüchern, Fachzeitschriften und Kommentaren ebensowenig vorstellbar wie die tägliche Arbeit in den Gerichten, Amtsstuben und Kanzleien. Dabei soll die wachsende Bedeutung der elektronischen Medien nicht verkannt werden. Die Entwicklung von elektronischen Datenbanken - sei es auf der CD-ROM oder direkt aus dem weltumspannenden Netz - hat die Möglichkeit eröffnet, Informationen in Sekundenschnelle abzurufen und zu verbreiten. Gleichwohl teile ich die Einschätzung, die Klaus Urban auf den folgenden Seiten (10 ff.) vertritt: Das gedruckte Buch wird seine Leser behalten und seinen Lesern erhalten bleiben. Denn Lesen dient nicht nur dem Erwerb von Informationen, sondern - angesichts des historischen Datums sei es erlaubt, noch einmal Lichtenberg zu Wort kommen zu lassen:
Lesen heißt borgen, daraus erfinden, abtragen.
Man nehme also den in Druck gefaßten Gedanken auf, verarbeite ihn und schaffe Eigenes daraus. Dafür eignet sich für mich am ehesten das gedruckte Buch, das dem Gedanken eine im wahrsten Sinne des Wortes "greifbare" Fassung gibt, in dem ich nach Belieben vor- und zurückblättern kann, das ich beiseite legen und jederzeit wieder aufgreifen kann - ohne dafür ein anderes elektrisches Gerät, als vielleicht die Leselampe, einschalten zu müssen. Sollte aber doch eines Tages das letzte Buch gedruckt sein - und ich frage mich mit Lichtenberg, was wohl der Titel dieses Buches sein wird ? -, so sind doch auch die elektronischen Medien eine Fortentwicklung der Buchdruckerkunst: Wohl nicht ganz zufällig besteht das Internet aus einer Vielzahl von Seiten, in denen es zu blättern gilt.

Das Jahr 1999 hat aber noch einen weiteren Jubilar aufzuweisen: Wir begehen den fünfzigsten Geburtstag unseres Grundgesetzes. Dieses Werk einer jungen Demokratie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten - so kann man ohne Übertreibung sagen - als eine solide Grundlage erwiesen. Das Verdienst, die in der Verfassung verkörperten Grundrechte in die Rechts- und Lebenswirklichkeit umzusetzen, verteilt sich auf viele. Dabei ist das Wirken des Bundesverfassungsgerichts ebenso zu erwähnen wie die Anstrengungen der Bürgerinnen und Bürger, die es nicht müde geworden sind, ihr Anliegen vor das Gericht zu bringen. Ohne sie wäre die Entwicklung der Verfassungsrechtsprechung nicht möglich gewesen. Sie sind damit zu Wächtern der Verfassung geworden. Einen kaum zu überschätzenden Anteil an der Entwicklung des Verfassungsrechts haben aber auch die rechts- und staatswissenschaftlichen Verlage. Sie haben das Forum geboten, das für einen lebendigen Meinungsaustausch über Verfassungsfragen unerläßlich ist. Ohne den angeregten und anregenden - zuweilen vielleicht auch aufgeregten - Diskurs in Fachzeitschriften und -büchern wäre die Fortentwicklung des einfachen wie auch des Verfassungsrechts nicht denkbar gewesen. Viele Veröffentlichungen haben den Anstoß für wichtige Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung gegeben.

Mögen die rechts- und staatswissenschaftlichen Verlage auch an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend mit Engagement und Erfolg an diesem öffentlichen Diskurs mitwirken, auf daß das letzte Buch noch lange nicht gedruckt werde!

Karlsruhe, im November 1999

Prof. Dr. Jutta Limbach
Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts

((fn 1)) 1. Juli 1742-24. Februar 1799, alle Zitate aus: Aphorismen, Briefe, Schriften, herausg. von Paul Requardt, Stuttgart




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